Dampfzentrale
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Die Dampfzentrale hat heute häufig das gleiche Problem wie zu ihren Anfängen: Die Leute interessieren sich kaum für sie. Am 17. Mai 1903 befürwortete die Stimmbevölkerung den Bau des wunderschönen Industriegebäudes. Allerdings mit nur 14 Prozent Stimmbeteiligung. In ihren besten Zeiten produzierte die Dampfzentrale fast die Hälfte des Stroms, den die Stadt verbrauchte. Zuerst mit zwei Dampfturbinen, ab 1924 als Dieselkraftwerk. Das Haus hatte einen 55 Meter hohen Schornstein, der vor dem Zweiten Weltkrieg abgebrochen wurde – da er als Zielpunkt für den Anflug aufs Bundeshaus hätte dienen können. 1973 wurde die Dampfzentrale stillgelegt und lange nur als Lager benutzt. 1987 interessierten sich für einmal alle für das Backstein-Gebäude, es wurde nämlich von jungen Leuten besetzt. Züri West hat sogar ein Lied über diese historische Nacht geschrieben – es heisst «Hansdampf». Auch in der «Dampfere» kam es danach wie in vielen anderen Kulturorten: Aus dem etwas chaotischen, politisch bewegten Jekami-Betrieb ist eine professionelle Institution geworden, die inzwischen pro Jahr mit rund zwei Millionen Franken von der Stadt unterstützt wird. Die Dampfzentrale (DZ) zeigt heute zeitgenössisches Schaffen im Bereich Tanz und Musik – schwierige Kost, die eben oft nur ein kleines Publikum interessiert. Daher droht sie immer wieder Zielscheibe zu werden, nicht mehr für Kampfflieger, sondern für Politiker, die das anspruchsvolle Kulturprogramm eine Geldverschwendung finden. Welche Kultur würdest du veranstalten, wenn du DZ-Leiter/In wärst?
Simon Jäggi
MusikerEintrag zum Standort im historisch-topografischen Lexikon
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